Wie grün ist die Digitalisierung wirklich – nachhaltig oder doch ein großes Risiko?
Wenn wir die Themen der Digitalisierung und der Ökologie in Zusammenhang bringen bekommen die wenigsten von uns ein schlechtes Gewissen. Denn die Digitalisierung bedeutet für viele Ressourcenschonung und Umweltfreundlichkeit. Doch stimmt das überhaupt?
Tilman Santarius, Professor für sozial-ökologische Transformation und nachhaltige Digitalisierung an der TU Berlin erforscht genau diesen Themenbereich und nimmt sich der Frage an.
Schadet die Digitalisierung unserer Umwelt?
Pauschal könne man dies erstmal nicht so sagen. Es bieten sich eine Menge Möglichkeiten, die mithilfe von digitalen Tools und Anwendungen dazu beitragen können, den Energie- und Ressourcenverbrauch zu verringern. Andererseits jedoch, eine immer stärkere durchdigitalisierung unserer Wirtschaft, kostet wiederum Ressourcen und Strom in der Nutzung.
eBooks & Co – häufig täuscht der erste Eindruck
Ein gutes Beispiel zur Verdeutlichung dieser Problematik seien zum Beispiel virtuelle Online-Nachschlagewerke wie Wikipedia. Man nehme an, dass sie weniger Strom und Papier fordern als die Herstellung ellenlanger Lexikonbände. Doch genau hier läge der Irrtum, so Santarius. Denn der Bau und Betrieb von Kindles oder iPads fordere so viel Energie und Rohstoffe, dass sich dies erst nach ca. 50 heruntergeladenen Büchern rentiere. Ebenfalls bleibe der erhoffte Ersatz aus. Zur Online-Lektüre werden zugleich mehr Bücher verkauft als je zuvor.
Ein anderes Beispiel sind Kryptowährungen
Mit Bitcoin und anderen Kryptowährungen könne die Ökonomie stark dezentralisiert werden. Es bräuchte keine Unternehmen mehr, keine Zentralbanken und gehandelt wird von Mensch zu Mensch. Also durchaus ein echter Vorschub der regionalen Ökonomie. So die Theorie… Allerdings ist die Berechnung dieser Währungen extrem energieintensiv. Die Berechnung von einem Block in der sogenannten Blockchain ist zehntausend Mal so energieintensiv wie eine Kreditkarten-Transaktion. Würde die gesamte Wirtschaft also auf Blockchain-Anwendungen basieren, hätte das fatale Auswirkungen auf unsere gesamte Ökologie.
Foodsharing – eine gelungene Lösung!
Die Food-Sharing-App beispielsweise sei eine tolle Möglichkeit, um der Lebensmittelverschwendung entgegenzuwirken. Hier bieten Supermärkte ihre Lebensmittel, die sie nicht mehr verkaufen können, aber sehr wohl noch genießbar sind, zum Nulltarif an Nutzergruppen an. Die „Food-Saver“ teilen diese dann untereinander auf. Nachernteverluste werden somit effektiv verringert.
Die zwei Seiten der Medaille
Es ist also durchaus sinnvoll beide Seiten genauer zu betrachten. Die Forschungsgruppe von Tilmann Santarius versucht sich derzeit an einer Gesamtbilanz. Es bleibt also abzuwarten ob unsere Umwelt tatsächlich von der Digitalisierung profitiert.
Good to know
Wer sich etwas umfangreicher mit der Thematik auseinandersetzen möchte, den können wir nur auf Steffen Lange’s und Tilmann Santarius‘ Buch verweisen. Es trägt den Titel: „Smarte grüne Welt? Digitalisierung zwischen Überwachung, Konsum und Nachhaltigkeit.“
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